Thursday, April 3, 2014

Die psychosomatische Körpersprache

Heute möchte ich mal zum Thema Psychosomatik schreiben. Früher habe ich dieses Thema als Apothekerin ein wenig belächelt. Was hat unsere Psyche denn mit den klar definierten Vorgängen der Zellen unseres Körpers zu tun?

Ein Jahr nach meiner Genesung sehe ich dieses Thema in einem etwas anderen Licht. Es ist für mich mittlerweile nicht mehr von der Hand zu weisen, dass unser Körper mehr ist als eine gut oder schlecht funktionierende Maschine und dass unser Seelenleben auch einen grossen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat.

Ausssagen wie „Ich lade mir zuviel auf die Schultern.“ oder „Mein Chef sitzt mir im Nacken.“ kann man getrost mit den Rückenverspannungen in Verbindung bringen. Daran glaube ich fest.

In diesem Zusammenhang habe ich gerade in der letzten Woche selbst eine psychosomatische Erfahrung gemacht:

Ich knirsche schon seit Jahren mit den Zähnen und trage daher mehr oder weniger regelmässig eine Knirschschiene.

Eines Nachts bin ich (trotz Schiene) plötzlich mit unsagbaren Kieferschmerzen aufgewacht. Plötzlich waren sie da, überwältigend scharf und schmerzhaft. Mir ist daraufhin im Halbschlaf ein Satz in den Sinn gekommen:

„Du scheinst nun lange genug die Zähne zusammengebissen zu haben, dein Körper hält dem Druck nicht mehr stand und wehrt sich mit dem Schmerz.“

Oh ja. Ich habe lange genug die Zähne zusammengebissen: Ich war in der Schule immer ein Streber, wollte in jedem Fach möglichst gut sein, ich habe nie meine Meinung gesagt, wollte immer beliebt und gemocht werden. Ich habe ein sauschweres Studium gewählt und das in kürzester Zeit durchgezogen. Ich habe auch danach weiterhin die Zähne zusammengebissen und eine Industriepromotion in kürzester Zeit und mit strengsten Forschungsvorgaben durchgezogen.

Und sprechen wir mal über all meine Disziplin, die mich trotz meiner langjährlichen Binge eating Krankheit trotzdem immer einigermassen normalgewichtig hat bleiben lassen. Wie oft habe ich die Zähne zusammengebissen und bin zum Sport gegangen (nicht aus Spass an der Freude wie heute). Wie oft habe ich meinen Mund während der dauernden Diäten krampfhaft geschlossen gehalten, damit ja kein verbotenes Essen dort hineingelangt.

Wenn ich mir das alles so überlege, ist es eigentlich erstaunlich, dass meine Zähne diesem ganzen Druck über all die Jahre überhaupt standgehalten haben. Doch nun brauche ich diesen Druckausgleich über meine Kiefermuskulatur nicht mehr. Ich muss und darf nicht mehr die Zähne zusammenbeissen. Dieser psychosomatische Schutzmechanismus wird von meinem (nun gesunden) Körper anscheinend nicht mehr toleriert. Nun tut es weh, wenn ich die Zähne zusammenbeisse und meinen Mund nicht aufmache. Also tue ich es. Ich sage meine Meinung und ich gebe meinem Körper das Essen, das er verlangt.

Die Schmerzen werden dann wieder vorbeigehen und am Ende werde ich das Knirschen nicht mehr brauchen, wenn ich weiterhin auf meine Bedürfnisse höre und der Druck auf meinen Kiefer nicht mehr gebraucht wird.

Ich bin immer wieder erstaunt, welche Reaktionen und Veränderungen ich auch noch ein Jahr nach meiner Genesung erleben darf.

Heute weiss ich, mein Körper und meine Seele sind eine Einheit. Beide teilen sich die Bedürfnisse, die ich mich als ganzheitlicher Mensch heute endlich auszuleben getraue.

Traut euch!

Liebe Grüsse,
Carina

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